Wachstum von Wolkenkeimen im Amazonas-Regenwald

Partikelbildung und Partikelwachstum

Für Regen brauchen wir Wolken. Und für Wolken brauchen wir sowohl Wasserdampf als auch Teilchen, an denen dieser Wasserdampf kondensiert. Aber nicht einfach irgendwelche Teilchen. Die Kondensationskeime der Wolken müssen eine bestimmte Größe haben, mindestens etwa 80 Nanometer (nm). Es gibt in der Luft schwebende Partikel, die bereits so groß sind, wie Rußpartikel, oder biologische Partikel wie Pilze und bestimmte Viren (das Coronavirus hat einen Durchmesser von ca. 100 nm). Die meisten Partikel sind jedoch viel kleiner und werden größer, während sie sich in der Atmosphäre befinden. Dieser Prozess wird als „Bildung neuer Teilchen“ bezeichnet. Selbst Gasmoleküle können durch Wachstum Cluster dieser Größe bilden. Studien, die sich mit Aerosolen und Wolkenbildung befassen, legen sogar nahe, dass die Bildung neuer Partikel die wichtigste Quelle für Partikel sein könnte, die zur Wolkenbildung beitragen, insbesondere im zentralen Amazonasgebiet.

Dieses Partikelwachstum findet jedoch nicht kontinuierlich über die Zeit statt, sondern eher in bestimmten Zeitabschnitten und unter bestimmten Bedingungen. Wie diese Prozesse im Einzelnen ablaufen, wird derzeit noch erforscht. Dies gilt insbesondere für das Amazonasgebiet, wo die Neubildung von Partikeln innerhalb der planetarischen Grenzschicht (die untersten ≈1-2 km der Atmosphäre) viel seltener zu sein scheint als in anderen Gebieten der Welt. Stattdessen deuten Studien darauf hin, dass die Partikelneubildung weiter oben in der Atmosphäre stattfindet und die Partikel dann mit Abwinden in konvektiven Wolken zu Boden gebracht werden.

Konvektive Wolken bringen oft mittelgroße Partikel aus höheren Atmosphärenschichten nach unten. © Oliver Lauer / MPI-C

Marco A. Franco und seine Kollegen analysierten daher die Aerosolgrößenverteilungeine einer langen Zeitreihe von mehr als sechs Jahren. Darüber hinaus haben sie zahlreiche meteorologische Parameter gemessen, um mögliche Zusammenhänge mit dem Aerosolwachstum zu ermitteln. Ein besseres Verständnis dieser Prozesse ist wichtig, um vorhersagen zu können, wie sich der Klimawandel auf die Amazonaswälder auswirken könnte, da die Wolkenbildung ein wesentlicher Prozess für den Regen und damit für den Erhalt der Regenwälder ist. Diese Studie wurde mit Daten von ATTO durchgeführt, wo die Atmosphäre vergleichsweise sauber und weitgehend frei von anthropogener Verschmutzung ist.

Wachstum in Zyklen

Das Forscherteam konnte keine neue Partikelbildung an sich, sondern ein Wachstum der Aerosolpartikel feststellen. Diese Partikel wurden jedoch nicht neu gebildet, sondern waren bereits gealtert und auf eine mittlere Größe zwischen 10 und 50 nm angewachsen.  Die anschließenden Wachstumsereignisse traten im Durchschnitt nur einmal pro Woche auf, d. h. an 14 Prozent der analysierten Tage. Allerdings geschah dies keineswegs gleichmäßig. Stattdessen fanden die Wissenschaftler ausgeprägte tägliche und saisonale Zyklen. Marco A. Franco und seine Kollegen stellten in ihren Daten fest, dass die meisten Partikelbildungsereignisse in den Morgenstunden stattfanden. Der Höhepunkt gegen 7 Uhr morgens unterstreicht die Rolle des Sonnenlichts und der sich im Laufe des Tages ändernden atmosphärischen Bedingungen. Bemerkenswerterweise konnten die Forscher aber auch Partikelwachstum in der Nacht feststellen. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Mechanismen zu verstehen, die dieses Wachstum antreiben.

Die Abbildung zeigt ein Beispiel für einen Tag mit Wachstumsereignissen. Blaue Farben stehen für niedrige Konzentrationen, wärmere Farben (gelb, orange, rot) für höhere Konzentrationen. Das erste Wachstumsereignis beginnt um 9 Uhr morgens, als hohe Konzentrationen mittelgroßer Partikel um 30 nm auftreten. In den folgenden 3 Stunden werden sie größer und erreichen eine Größe von etwa 70 nm. Es folgt ein zweites Wachstumsereignis, das sich mit dem ersten leicht überschneidet.

Sie entdeckten auch, dass die große Mehrheit der Partikelwachstumsereignisse während der Regenzeit stattfand. In diesen Monaten sind Gewitter sehr häufig und stehen in Verbindung mit Abwinden aus höheren Luftschichten, was von Machado et al. (2021) bestätigt wurde. Und in der Tat fanden fast drei Viertel der Partikelbildungsereignisse in der Gegenwart von Gewitterwolken statt. Dies stimmt mit früheren Theorien überein, wonach diese Abwinde mittelgroße Partikel mit sich bringen, die dann weiter zu einer für die Wolkenbildung relevanten Größe anwachsen.

Etwa 30 % der Ereignisse fanden jedoch ohne Konvektion statt. Für etwa ein Drittel der Partikelbildungsereignisse muss es also eine andere Quelle für Partikel geben als Abwinde aus höheren atmosphärischen Schichten. Um diese Quellen und Prozesse aufzudecken, sind weitere Studien erforderlich, da sie wesentlich zum Partikelwachstum und damit zur Wolkenbildung im Amazonasregenwald beitragen.

Marco A. Franco und seine Co-Autoren veröffentlichten die Studie “Occurrence and growth of sub-50nm aerosol particles in the Amazonian boundary layer” Open Access im Magazin Atmospheric Chemistry and Physics.

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